Trier-Estrich

LE051 Trier-Estrich


Trier


Die Trierer Leprosorien Estrich und St. Jost
Kartographie: M. Uhrmacher 2006 Kartengrundlage: Die Trierer Talweite während des Mittelalters. L. Clemens, Vallis Treverica – Skizzierung des Untersuchungsraumes.
Quelle: Anton/Haverkamp 1996, S. 165

Bezeichnung
domus leprosorum, "Leprosen in Engistrich"

Topographische Lage
Südlich von Trier, am rechten Moselufer zwischen Medard und Karthaus an einem Bach am Fuß des Berges. 1038 ist an dieser Stelle die "Dodechini"-Mühle als südlicher Grenzpunkt der Grundherrschaft des Klosters St. Eucharius / St. Matthias urkundlich genannt.

Urkundliche Ersterwähnung
1283: Der Trierer Domherr Wilhelm von Dawels überträgt den Leprosen in Estrich und Biewer in seinem Vermächtnis je 5 solidi.

Gebäude
Nach einem Visitationsbericht zur Zeit des Kurfürsten Franz Ludwig (1716-1729) bestand das Leprosorium aus einem "sehr verwahrlosten" Wohnhaus mit zugehöriger Kapelle in gutem Zustand und einem neu erbauten Keller, ebenfalls in gutem Zustand. Der Prior des Klosters St. Matthias begründete den schlechten Zustand des Wohnhauses damit, daß es nach dem Tod des letzten Aussätzigen 1721 leer stand und nicht mehr benutzt worden sei.

Kapelle
Zum Siechenhaus gehörte eine Kapelle.

Seelsorge
Die Seelsorge oblag dem Kloster. Zu Beginn des 18. Jhs. durch Minoriten aus Trier, die für das vierzehntägige Lesen der Messe und die Seelsorge an Kranken und Sterbenden jährlich etwas mehr als ein Malter Korn erhielten.

Insassen
1454: drei adelige und fünf bürgerliche Insassen. Die Verstorbenen wurden auf dem Friedhof bei St. Maternus bestattet.

Verwaltung
Das Leprosorium unterstand der Abtei Sankt Matthias; die Oberaufsicht lag beim Prior, der auch der Provisor war. Ursprünglich war das Leprosorium für vom Aussatz befallene Mönche auf dem Eigentum der Abtei errichtet worden. Später waren auch andere Aussätzige aufgenommen worden, jedoch "nur aus Barmherzigkeit". Der Schellenmann, Hofmann oder Momper übernahm die Verwaltung vor Ort; eine diesbezügliche Ordnung ist erhalten.

Er mußte zudem den geringen Landbesitz beim Leprosorium bearbeiten und für die Beköstigung und die Pflege der Siechen sorgen; dafür erhielt er ein Nutzungsrecht am Ackerland und an den Wiesen des Leprosoriums. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, die Kranken je nach deren Zustand zu waschen und zu füttern; 1786 betrug seine jährliche Vergütung 1 Taler 18 Albus.

Stiftungen und Schenkungen, Einkünfte und Besitz
20. März 1284: 5 solidi aus dem Vermächtnis des Trierer Domkantors Wilhelm von Dawels. 2. August 1316: 5 solidi aus dem Vermächtnis des Domvikars Heinrich Kuvleisch und 10 solidi. 9. August 1316: Gottschalk Rait, Kaplan des Margaretenaltars und Rektor von Ulmen, stiftet in seinem Vermächtnis 10 solidi.

29. Januar 1330: zwei Ohm Wein und zwei Malter Roggen durch den Propst von St. Simeon, Eberhard von Massu. 28. Januar 1343: Johann Jakelonis, Dechant von St. Simeon, vermacht den Leprosen 5 solidi. 7. Februar 1366: Abt Joffrid II. Dunne von Leinigen und der Konvent des Klosters Sankt Matthias verkauften für das Leprosorium einen Zins von zehn Malter Korn, der jährlich an Weihnachten zu entrichten war. Der Kaufpreis betrug 600 kleine Gulden, Käufer war der Trierer Bürger Peter Donve; die Kornrente wurde jährlich auf Kosten der Abtei vom Elemosynar ins Leprosorium geliefert; die Zinslieferung wird noch 1739 erwähnt.

23. April 1379: Vermächtnis von 5 Pfund trierischer Denare durch den Archidiakon Arnold von Saarbrücken, quittiert von Catharina, Meisterin vom "Hause der Aussätzigen zu Engestrich". 19. Februar 1380: Im Testament des Dompropstes Robert von Saarbrücken werden die "Aussätzigen zu Engstrich" mit 10 Pfund trierischer Denare bedacht. 1422: 6 Pfund trierische Denare im Testament des Scholasters Arnold von Hohenecken.

Statuten des Trierer Leprosoriums Estrich von 1464

24. Oktober 1427: 1 Gulden im Testament des Domvikars Heinrich von Bettenberg. 16. März 1445: 1 Gulden im Vermächtnis des Konrad von Braunsberg. 1482/83: ein Malter Korn vom St. Jakobshospital. 1568: Anläßlich der Weinverteilung am Gertrudentag sandte das Kloster auch eine Spende an die Leprosen.

Beginn des 18. Jhs.: Jährliche Einkünfte aus einzelnen Renten, Naturaleinkünften in Korn, Wein und Öl und vor allem Zinsen von einem Kapital in Höhe von 720 Taler. 1786: 5123 Taler Kapitalvermögen, außerdem mehrere Morgen Ackerland, Weinberge und Wiesen. Die Weinberge wurden durch Tagelöhner bebaut. Zusätzlich sammelte der Schellenknecht auf festgelegten Routen Almosen für die Siechen.

Statuten
1464: Die Leprosen gaben sich selbst Hausstatuten, die der Abt von Sankt Matthias bestätigte.

Leprosenbruderschaft
Die Bewohner des Leprosoriums bildeten eine Bruderschaft.

Schließung
1721: Tod des letzten Leprakranken. 1786: Im Visitationsbericht wird vermerkt, daß früher nur wirkliche Aussätzige aufgenommen worden wären, jetzt ließ man auch andere unheilbar Kranke zu. Unter französischer Herrschaft wurden aus dem Vermögen aller Wohltätigkeitsanstalten in und um Trier die Vereinigten Hospitien gegründet.

Literatur


Anton, H.H. u. A. Haverkamp (Hg.): Trier im Mittelalter (2000 Jahre Trier 2) Trier 1996

BATR Best. 67, Nr. 119, Best. 91, Nr. 128;

LHAKo Best. 1 D Nr. 704, Nr. 709, Nr. 722, Nr. 893, Nr. 1149, Nr. 4413, S. 445-458 u. S. 465-474, Nr. 4416, S. 849-869, Nr. 4420, S. 145-155; Best. 215, Nr. 273, 416 u. 417;

MRR 3, Nr. 1141;

Becker, Benediktinerabtei St. Matthias, 339;

Clemens, Weinstadt, 438;

Frohn, Aussatz (Rheinland), 57-62;

Holbach, Stiftsgeistlichkeit, 320-321;

Lager, Estrich u. St. Jost, 73-88;

Lager, Regesten Jakobshospital, S. IV;

Matheus, Trier, 282;

Staerk, Gutleuthäuser, 542-544.